Die ärztliche Versorgung in Deutschland ist trotz aller Unkenrufe noch sehr demokratisch. Schwere Krankheiten werden von unseren Ärzten weitgehend ohne Ansehen der Person und der Kosten behandelt egal ob sie Privat- oder Kassenpatient (die über 80% der Kosten in Deutschland tragen!) sind. Bei den Privatpatienten besteht jedoch der Verdacht, dass sie zur Gewinnoptimierung gerne übertherapiert werden. Der erfahrene Arzt dagegen geht nur in einem Notfall zum Arzt!
Ein erheblicher Notstand besteht allerdings bei der Vergabe von Arztterminen. Fristen von 2 Monaten sind bei Fachärzten selbst in der Region Stuttgart keine Seltenheit. Wer da eine komplexe Krankheit hat, bei der mehrere Fachärzte eine Abklärung machen müssen, ist selbst in akuten Fällen oft jahrelang im Arztkarussell unterwegs bis die Diagnose steht.
Trotz aller Klagen gibt es keine verlässlichen Daten darüber, wie groß das Problem eigentlich ist. Auch hier gilt die alte Ingenieur-Regel „Miss es oder vergiss es“. Eine Messung könnte man ganz einfach implementieren. Bei der Anmeldung zum Arzt gibt der Patient an, wie dringend ein Termin für ihn ist z.B. 1 – sehr dringend bis 5 – eilt nicht. Ähnlich sollte der Arzt eine Dringlichkeit aus seiner Sicht von A – sehr dringend bis E – eilt nicht bei einer Überweisung angeben. Ein Arzttermin, der dem Patienten sehr wichtig aber vom Arzt nicht sehr dringlich eingeschätzt wird, hätte dann die Dringlichkeitsstufe C1. Es ist durchaus normal dass die Ansicht des Arztes und die des Patienten abweichen – allerdings sollten beide kurz über die Dringlichkeit reden. Nach wie vor würde der behandelnde Arzt über seine Termine entscheiden. Er kann aber rascher und fundierter entscheiden. Die Ärzteverbände und die Kassen könnten damit vernünftige Statistiken aufstellen und bei Bedarf handeln. Das Verfahren läßt sich mit geringem Aufwand in die bestehenden Abrechnungssysteme der Ärzte und der Kassen leicht und schnell einführen und würde sehr zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen.
Fortschrittliche Ärzte könnten zusätzlich ja eine Reservierung über PC und Handy einführen, wie sie bei sonstigen kostenpflichtigen Veranstaltungen auch üblich ist und die es schaffen, dass kein Zuschauer stundenlang auf dem Schoß eines anderen Zuschauers sitzen muss.
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