Direktwahl Bundestagsabgeordnete 2017

FAlogo-Q-BrIn der heutigen Parteienlandschaft hat der Wähler nur einen sehr beschränkten Einfluss darauf, wer als sein Vertreter in den Bundestag einzieht. Die etablierten Parteien haben die Kandidaten in mehr oder weniger demokratischen Prozessen bestimmt. Meist dürfen die Parteimitglieder nur noch die vom Parteivorstand bestimmten Kandidaten und Landeslisten absegnen. Die Kandidaten hätten meist keine Chance in einer offenen Abstimmung gewählt zu werden. Typisch sind z.B. die gewesenen Kanzlerkandidaten der SPD (Steinbrück) und Brüderle (FDP), die bei einer Persönlichkeitswahl wohl nicht einmal eine Bürgermeisterwahl in ihrer Heimatstadt gewinnen könnten.

ReichstagsgebäudeIm Bundestag sitzt schon lange kein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung. Er setzt sich vorwiegend aus Altfunktionären (z.B. Erika Steinbach) und „Berufspolitikern“ zusammen, die keinerlei Lebenserfahrung außerhalb ihrer Partei vorweisen können ( siehe Der Run auf die Landeslisten, Landesliste der Grünen in Baden-Württemberg – Viele SozPäds und keine Schaffer, Politik mit Herz – aber ohne Verstand,). Der Abgeordnete Binninger, ein Experte für Polizeiorganisation und Innere Sicherheit, tritt z.B. 2017 nicht mehr an! Der Finanzexperte der Linken Pitterle, beliebt bei Daimler Arbeitern, wird von seiner Partei auf der Landesliste ausgebootet – zu viel eigene Meinung! So ist es nicht verwunderlich, dass kaum Sachverstand für wichtige Themen wie Finanzen, Innere Sicherheit, Forschung, Technologie (Bildung und Forschung – unser Ausschuss im Bundestag), Energie usw im Bundestag vorhanden ist. Selbst die in großer Zahl vorhandenen Juristen sind fachlich wohl unterqualifiziert, sonst müssten sich die Ministerien die Gesetze ja nicht von externen Kanzleien schreiben lassen. Die geringe Qualifikation der Abgeordneten führt dann dazu, dass die Minister der Regierung meist keinerlei fundierte Erfahrungen auf ihrem Fachgebiet und im Management großer Organisationen haben. Eigentlich sollten unfähige Parteien durch neue Parteien ersetzt werden. Dies ist jedoch in unserer Politik- und Medienlandschaft sehr schwierig. Die GRÜNEN haben über 20 Jahre gebraucht, um > 10% der Wählerstimmen zu erreichen. Dies liegt nicht daran, dass die Bürger nicht neue Parteien oder Abgeordnete wählen würden, sondern dass die Parteien sich intern schnell zerstreiten. Persönliche Eitelkeiten, Neid und Mißgunst sowie Klüngelei verhindern die Gründung von Parteien (z.B. PIRATEN, WAHLALTERNATIVE 2013), die wirkliche Alternativen zu den etablierten Parteien bieten können. Diese müssen sich immer mehr annähern, weil man ja ohne Mehrheit koalitionsfähig sein muss (Beispiel zur Zeit „baggert“ die CDU die GRÜNEN als Koalitionspartner an). Dadurch können unsere politischen Prozesse zwar ein „weiter so“ aber nicht die notwendigen Veränderungen unserer Politik und unserer Gesellschaft unterstützen. Neue Köpfe und Hände braucht das Land!

Unser Wahlgesetz hat eigentlich den Mechanismus der Direktwahl ohne Parteizugehörigkeit vorgesehen, um dem Bürger eine Möglichleit zu geben auch unabhängige, qualifizierte Kandidaten in den Bundestag zu wählen. Dies hat aber nur in der Phase nach der Gründung der Bundesrepublik funktioniert. Unabhängige, parteilose Abgeordnete haben ganz wesentlich zu unserem Grundgesetz beigetragen. Die Parteiapparate haben dann schnell die Macht übernommen und die „unabhängigen“ Abgeordneten schnell aus dem Parlament gedrängt. In Sonderfällen wenn es bei den Wahlen nur geringe Stimmendifferenzen der Blöcke gibt, können auch Erststimmen für einen Parteikandidaten die Wahl entscheidend beeinflussen (siehe Wahl2013 in Niedersachsen). Hillary Clinton hat die Wahl in USA u.a. deshalb verloren weil sie mit den unabhängigen Kandidaten nicht zusammen gearbeitet hat! Bei der Bundestagswahl 2017 wird es wahrscheinlich sehr viele Protestwähler geben, die mit der jetzigen Parteienlandschaft unzufrieden sind. Die Bürger haben eigentlich nur die Chance neue Köpfe über Direktwahl unabhängiger Abgeordneter in die Parlamente zu bekommen. Aus Protest AfD oder eine kleine Altpartei wie die FDP zu wählen ist keine gute Alternative. Für ein Linsengericht werden sie ihre Grundsätze gegen ein Ministeramt verkaufen.

Eigentlich ist es relativ einfach einen Direktkandidaten zu nominieren. Für den Erfolg eines Direktkandidaten bei der Bundestagswahl sind folgende Voraussetzungen notwendig:

  • Der Kandidat muss im Wahlkreis bekannt und mit Haltung, Qualifikation und Erfahrung eine klare Alternative zu den Kandidaten der großen Parteien sein.
  • Die Kandidaten der großen Parteien sind im Wahlkreis umstritten und können mangels Qualifikation die Interessen der Bürger schlecht vertreten.
  • Im Wahlkreis gibt es schlagkräftige Organisationen, Vereine usw, die gut organisiert sind und einen Freien Abgeordneten unterstützen können.
  • Der etablierte Abgeordnete im Bundestag tritt nicht mehr an, gehört einer Partei an, die keine Mehrheiten erzielen kann oder hat sich im Wahlkreis unbeliebt gemacht.
  • Die Iniative für den Direktkandidaten hat Mitstreiter, die den Wahlkampf organisieren und durchführen können und wollen.
  • Mit einer Kampagne muss den Wählern der Mechanismus der Erststimme erklärt werden. Wird der eigene Direktkandidat nicht gewählt, zählt noch immer die Zweitstimme! Der Wähler hat also ein sehr geringes Risiko. Die meisten Wähler wissen das nicht!

Sicher finden sich in Deutschland mindestens 20 Wahlkreise (Ergebnisse von 2009), in denen diese Kriterien erfüllt werden und in denen ein freier Direktkandidat eine Erfolgschance von > 50% hat. Damit könnte man etwa 10 Freie Abgeordnete in den Bundestag schicken. Kleinere Parteien, wie die GRÜNEN, FDP, PIRATEN, FREIE WÄHLER usw wären gut beraten einen freien oder gemeinsamen Direktkandidaten zu unterstützen. Gleichzeitig kann man damit die Zahl der drohenden Überhangmandate im nächsten Bundestag verringern, die nur eine große Zahl von Parteisoldaten von den hinteren Listenplätzen in den Bundestag spülen würden. Anders als bei den Parteien bei denen die Aufstellung eines Wahlkreiskandidaten recht kompliziert ist (Beispiel Piraten) kann sich ein Direktkandidat recht einfach anmelden.

Für die Finanzierung des Wahlkampfs in einem Wahlkreis benötigt man ca 20 000 € (eventuell auch mit Crowd Funding). Internet affine Wähler kann man heute mit Facebook, Twitter und etwas Werbung bei Google mit geringen Kosten gewinnen. Der Wahlkampf von Donald Trump hat das exemplarisch gezeigt. Erreicht der Direktkandidat 10% (etwa 20 000 Wähler aber > 1%) der Wahlerstimmen im Wahlkreis,  werden pro Stimme 2.80 € erstattet. Das finanzielle Risiko ist für einen vernünftigen Kandidaten also recht gering und kann auch von einer einer kleineren Gruppe getragen werden. Es ist viel schwieriger in einem Bundesland oder im Bund 1% der Wähler zu gewinnen. Echte Opposition entsteht immer lokal.

Für die Nominierung eines Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2017 braucht man 200 Unterschriften (handschriftlich jeweils auf Formblatt Anlage 14 zu § 34 Absatz 4 Bundeswahlordnung – findet man leider nicht auf der Webseite des Bundeswahlleiters) von Unterstützern, die im Wahlkreis wahlberechtigt sind (Informationen zur Teilnahme an Bundestagswahlen   für Direktkandidaten 2017). Die Unterschriftenformblätter müssen spätestens 69 Tage vor der Wahl   beim Wahlleiter des Wahlkreises (meist ein Beamter des Landkreises oder der Stadt) eingereicht werden. Formulare für die Unterschriften gibt es beim Wahlkreisleiter. Beim geplanten Wahltermin am 24. September müssen die Formblätter  bis zum Freitag den 14. Juli eingereicht werden. Achtung: die Formblätter müssen von den Einwohnermeldeämtern beglaubigt werden. Jeder Wähler darf nur für einen Direktkandidaten und für eine Liste einer neuen Partei unterschreiben. Da muss man aufpassen, dass man keine unzulässigen Unterschriften bekommt!

Achtung: die Formblätter müssen von den Einwohnermeldeämtern beglaubigt werden. Die werden sich aber wohl beliebig lange Zeit lassen. Man sollte unbedingt rechtzeitig bei den Ämtern einen verbindlichen Termin anfordern.Wahrscheinlich wird man einen Rechtsanwalt benötigen, der gegen die Verzögerungstaktik beim Bundeswahlleiter und den Meldebehörden sofort mit einer Klage droht.

Der Direktkandidat muss das aktive Wahlrecht haben, muss aber nicht im Wahlkreis wohnen! Das müsste eigentlich zu schaffen sein, da das ganze Verfahren anders als bei der Parteiwahl sehr informell ist. Egomanen ( die in den Parteien oft gehäuft auftreten), die sich nicht an einer gemeinsamen Aktion beteiligen wollen, können sich ja selbst bewerben. Das dämpft den Eifer meist und vereinfacht die Einigung auf einen gemeinsamen Direktkandidaten. Die Aussicht, wieder mehr qualifizierte Abgeordnete in den Bundestag zu bringen und die Auswahlprozesse der grossen Parteien herauszufordern ist sicher einige Anstrengungen wert.

PS Kommentare und Vorschläge für interessante Wahlkreise sind willkommen.

Interessante Wahlkreise

Beispiele:

  • Wahlkreis 260, Böblingen, B-W. Der CDU Abgeordnete und Experte für innere Sicherheit Clemens Binninger tritt 2017 nicht mehr an. Wahrscheinlich haben ihn seine CDU Freunde beim NSU Ausschuss zu viel geärgert. Der neue CDU Kandidat, Marc Biadacz, ist ziemlich farblos und kann außer Kärrnerarbeit in der Partei nicht viel vorweisen. Für die Vertretung eines Wahlkreises, der durch Betriebe der Automobil- und Software-Industrie und Forschung geprägt wird, hat er wohl nicht die richtige Qualifikation. In der CDU reicht allerdings schon das Tragen einer Digitaluhr aus um als Experte für Digitalisierung anzutreten.
  • Wahlkreis 60, Rathenow, Fläming u.a. , der SPD Abgeordnete Frank-Walter Steinmeier ist von der SPD wieder als Wahlkreiskandidat nominiert worden. Da Frank-Walter Steinmeier wahrscheinlich  zum Bundespräsidenten gewählt wird, braucht man einen neuen Kandidaten. Bei der Bundestagswahl 2013 teilten sich SPD, Linke und CDU den größten Teil der Stimmen. Hier kann ein unabhängiger Direktkandidat mit etwa 30% der Stimmen gewinnen.
  • Wahlkreis 183, Frankfurt a.M. II. Die bisherige CDU Abgeordnete, Erika Steinbach, ist aus der CDU ausgetreten. Hier wird die CDU wohl rechte Stimmen an die AfD verlieren. Auch hier kann ein unabhängiger Direktkandidat, der die Interessen der Frankfurter Bank Industrie im Bundestag vertreten kann, mit etwa 30% der Stimmen gewählt werden. Fähige Köpfe gibt es in Frankfurt wohl genügend. Wer traut sich den Kopf nicht in den Sand zu stecken?

Nützliche Links:

Direktkandidatur 2017 ( Info Bundeswahlleiter)
Bundeswahlgesetz
Website des Bundeswahlleiters
Wahlkreise Bundestagswahl

Offizielle Ergebnisse der Bundestagswahl 2013 – auch als Tabelle
Wahlberechtigte nach Bundesländern

Überhangmandate

Wahl 2013 – der Run auf die Landeslisten

Landeslisten zur Bundestagswahl 2017

Industrie und Forschung haben höchste Bedeutung in Baden-Württemberg. Auf den Landeslisten findet man auf den vorderen Plätzen keine Kandidaten, die auch nur geringe Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet haben.

  • Baden-Württemberg-  Grüne  – kein einziger Kandidat aus Industrie und Forschung
  • Auch auf der Landesliste der CDU ist kein II&F Fachmann auf den vorderen Pläzen zu finden
  • Auch auf der Landesliste der SPD findet sich kein I&F Knowhow

Auch Fachkundige für Geldwirtschaft, Banken und Steuern sucht man auf den Listen vergeblich. So werden wohl die Abgeordneten Im Bundestag wieder Gesetze verabschieden, die keiner versteht (Beispiel CumEx, Automobil Abgase, Energie, Internet usw)  Hauptsache die Abgeordneten sind lieb zu den Parteivorsitzenden und Mitgliedern.

 

Rechtliche Probleme mit Direktwahl (unbhängig)

Wichtig für die Direktwahl sind §4 – §6 insbesondere die Regelung, dass die Stimmen der Wähler, die einen erfolgreichen Direktkandidaten gewählt haben, bei der Auswertung der Zweitstimmen nicht gewertet werden!

Das ist ein klarer Verstoß gegen das Grundgesetz, da damit die Stimme des Wählers weniger Gewicht hat als die Stimme eine Wählers der z.B. mit der Erststimme einen CDU Kandidaten wählt (und auch das Direktmandat erringt) und seine Zweitstimme z.B. der FDP gibt um diese über die 5% Hürde zu heben. Eine Klage vor dem Verfassungsgericht könnte eine Bundestagswahl ungültig machen. Österreich läßt grüßen!