Das Zusammenleben der Bürger in einem Staat ist äusserst kompliziert und hat sehr viele Aspekte. Es ist sicher unmöglich das Wohlergehen der Bürger in einer Zahl darzustellen. Trotzdem wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Maßzahl von der Politik fast ausschließlich für das Wohlergehen des Landes verwendet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist sicher die Maßzahl, die am meisten überschätzt wird. Eine Erhöhung des BIP um 1% wird schon als Riesenerfolg der politischen Führung verkauft. Eine Umfrage in der deutschen Bevölkerung würde wohl ergeben, daß Deutschland auch beim BIP natürlich Spitze ist. Mit Verwunderung nehmen die Bürger dann die Realität zur Kenntnis. Wenn man schon BIP als Maßzahl für die Wertschöpfung eines Landes verwendet, dann muss man sich das in Relation zur Zahl der Einwohner ansehen. In der Liste BIP pro Kopf liegt 2009 Luxemburg (104 k$), die Schweiz (67 k$), Irland (51 k$) aber auch Österreich (46 k$) und Frankreich (43 k$) vor Deutschland. (41 k$). Der deutsche Bundesbürger, dem die Politiker dauernd vormachen, dass wir in Europa Spitze sind, reibt sich da verwundert die Augen. Selbst wenn wir unser BIP um 3% steigern sind wir nicht einmal auf dem Niveau von Frankreich! An das „arme“ Irland kommen wir selbst mit vielen Anstrengungen nicht heran. Nun erklärt sich das hohe BIP per capita durch die Bankgeschäfte in Luxemburg und der Schweiz (Lichtenstein liegt noch weiter vorn!) – da kann man ohne viel Arbeit richtig Geld verdienen. Die hohe Wertschöpfung in Irland erklärt sich dadurch, dass viele große Firmen (u.a. auch IBM) ihre Warenauslieferung von Irland machen. Die Produkte (Medikamente, Software, China Produkte … ) werden zum geringen Preis in die EU in Irland importiert und dann mit hohen Aufschlägen an andere EU Länder ausgeliefert. Das lohnt sich, da die Unternehmensgewinne in Irland nur mit 12.5% besteuert werden. Ziemlich ratlos sind die Politiker aber wohl, wenn sie erklären müssen warum die „lustigen“ Österreicher und die „Frührentner“ Franzosen eine höhere Wertschöpfung generieren als die „fleißigen“ Deutschen. In Frankreich ist das BIP/Beschäftigten sogar noch höher, da es in Frankreich viel mehr Kinder und Jugendliche < 20 Jahre (25 %) als in Deutschland (19%) gibt. Da wird die Mär vom fleißigen Deutschen und den „lustigen“ Franzosen noch fragwürdiger.
Jeder deutsche Politiker wird sofort sagen, dass an der BIP Statistik etwas nicht stimmt, wird aber wohl nicht im Detail erklären können, wie denn solche BIP Wert zustande kommen. Allerdings sollte jeder vernünftige Mensch zur Einsicht kommen, dass BIP Werte ziemlich sinnlos sind. Dann sollte man diese aber nicht landauf landab zur Parteiwerbung und zur Volksverdummung einsetzen und geringfügige Erhöhungen des BIP um einige Prozent als politische Heldentat feiern.
Viele Wissenschaftler (seit langem) und auch einige unserer Volksvertreter (erst neulich) haben denn Unsinn des BIP als Gradmesser des Fortschritts erkannt. Eine Enquete Kommission des Bundestags und viele Experten sollen nun eine neue Meßgröße für das Wohlergehen des Volkes finden. Gesucht wird dann sicher etwas was sich noch leichter manipulieren lässt als der BIP.
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Das BIP ist wirklich eine unsinnige Messzahl. Es soll den Wert der im Inland produ-
zierten Güter (ohne Vorleistungen) messen, aber das Statistische Bundesamt errech-
net einen viel zu hohen Wert. Beispiel 2009: Das Amt meldet ein BIP von 2.404 Mrd Euro, tatsächlich beträgt das definitionsgemässe BIP nur 1.768 Mrd Euro! Wie dieser Fehler entsteht und wie sich das Statistische Bundesamt dazu äussert ist auf meiner Webseite http://www.bip-analyse.de beschrieben.
Es ist unglaublich, auch Wirtschaftswissenschaftler verteidigen das heutige BIP.
Und das BIP bestimmt über Art. 115(2) die Haushaltsplanung des Bundes – da muss der Wert doch der Definition entsprechen!
Ich hoffe, dass die neue Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebens-qualität“ das BIP sehr kritisch betrachtet und die von mir aufgezeigten Fehler (und andere) beseitigt, darum bemühe ich mich.
Manfred Dieckow
Guten Tag,
auf obigen Webseiten finden Sie Begründungen, warum das BIP Unsinn ist.
Aber das Statistische Bundesamt und auch alle von mir angesprochenen
Wirtschaftswissenschaftler verteidigen das BIP, es ist unglaublich.
Ich hoffe, die neue Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“
nimmt sich das BIP einmal kritisch vor und erkennt die von mir angezeigten Fehler an.
Freundlichen Gruss Manfred Dieckow