Hochschulpolitik in Baden-Württemberg – die Ratten entern das sinkende Schiff!

Die Hochschulpolitik in Baden-Württemberg war vor 1980 relativ erfolgreich. Neue Universitäten z.B. in Ulm wurden gegründet und die Berufsakademien als hochwertige Lehrlingsausbildung wurden ab 1974 sehr erfolgreich eingeführt. Diese Gründungen wurden von der Industrie getrieben, die vor allem an gut ausgebildeten, billigeren (als Hochschulabsolventen) Mitarbeitern interessiert waren. Hierfür brachte man einfach das Konzept der Lehrlingsausbildung mit praktischer Ausbildung im Betrieb und theoretischer Ausbildung in der Schule auf ein höheres Niveau. Das war sowohl für die BA-ler als auch für die Betriebe ein sehr erfolgreiches Modell, solange die Betriebe die ausgebildeten Mitarbeiter auch anschließend zur Festanstellung übernommen haben.

Dieses BA Konzept ist wohl das einzige wirklich erfolgreiche Hochschulmodell, das in Baden-Württemberg entwickelt wurde. In den letzten zwanzig Jahren wurde dieses Modell in die Fläche gebracht, das heißt jeder Lokalpolitiker versuchte eine Mini-Hochschule in seinem Beritt zu etablieren. Das hatte den positiven Effekt, dass die Mittelständler relativ gut ausgebildete Mitarbeiter aus der Umgebung geliefert bekamen. Der negative Effekt war jedoch, dass das Niveau dieser neuen Mini-Hochschulen relativ niedrig war (entspricht etwa dem früheren Berufsbild Techniker).   Das war für viele Unternehmen aber durchaus ausreichend und für die risikoscheuen Studenten attraktiv, so lange sie von den Betrieben übernommen wurden.

Die CDU war natürlich besonders glücklich, konnte sie doch mit wenig Geld den Unternehmern (und den Landtagsbgeordneten) aber auch den Abiturenten, die in zunehmender Zahl von den Schulen abgingen, einen „Studienplatz“ bieten. Eine ähnliche Entwicklung gab es in der Verwaltung wo die bisher üblichen Lehrlinge durch Absolventen der Verwaltungsschulen (z.B. Generation Teufel) ersetzt wurden, die in kurzer Zeit auch die Posten besetzten, die bisher Juristen  vorbehalten waren. Als kleiner Nebeneffekt stiegen dabei natürlich auch die Gehälter der Staatsangestellten an, da sie ja jetzt höher „qualifiziert“ waren.

Diese Entwicklung wurde in den letzten Jahren durch Einführung der „internationalen“ Batchelor und Master Studiengänge fortgesetzt. Devise: mehr billige Studienplätze – weniger teure Studienplätze. Nun ist man überrascht, dass die Industrie keine Schnellbleiche Batchelor Physiker einstellt. Was bei dieser Entwicklung natürlich einherging, war die Vernachlässigung der Spitzenkräfte und Spitzenleistung, die heute im weltweiten Wettbewerb entscheidend sind. Der deutsche Diplom-Ingenieur aber auch der deutsche Dr.-Ing. der typisch nicht nur theoretisch gearbeitet sondern auch eine praktische Ausbildung machen musste, sowie als Assistent an den technischen Hochschulen praktische Forschung und Führung erlernte und praktizierte, sind praktisch verschwunden. Zuächst hat man den Dipl.-Ingenieur, der früher ein Hochschulstudium mit etwa 10 Semestern abschloss, durch freizügige Vergabe des Titels Ing.-grad usw für alle möglichen Ausbildungsgänge entwertet.  Auch den klassischen Dr.-Ing., der mindestens 5 Jahre an der Universtät in der Lehre und in der Forschung mit Studenten als Mitarbeiter gearbeitet hat und sich dabei für eine Laufbahn als Forschungs- oder Entwicklungsleiter qualifiziert hat, gibt es immer weniger. Viele der Stellen (A13) wurden einfach gestrichen und durch Hilfskräfte „ersetzt“. Damit ging eine Akademisierung der Professoren einher. Früher war es undenkbar, dass ein Professor an eine Technische Universität berufen wurde, der nicht mindestens 10 Jahre  in Forschung- und Entwicklung bei einem Industrieunternehmen tätig war. Nun wurden die Gehälter aber vor allem die Ausstattung der Institute mit Sach- und Personalmitteln so gekürzt. dass Spitzenkräfte aus der Industrie für eine Professorenstelle nicht mehr gewonnen werden konnten. Es finden sich aber noch genügend „akademisch“ ausgebildete Bewerber auf die Professorenstellen, die noch nie in der Industrie gearbeitet haben. Genau das ist das Ziel des Bologna Prozesses – die Ausbildung soll in Europa (wohl auf den kleinsten gemeinsamen Nenner)  nivelliert werden. Die deutschen Konkurrenten auf dem Weltmarkt wird das sehr freuen.

Wie immer hat Frau Schavan das Problem erkannt (sie hat es ja selbst verursacht) und versucht mit dem bürokratischen Ungetüm „Exzellenz Initiative“ die Spitzenforschung zu fördern. Das erste Ziel war dabei, die Mitarbeiter des ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe, das der Bund für die Entwicklung des Schnellen Brüters (wer erinnert sich da noch dran?)gegründet hatte, an einer Universität zu „entsorgen“. So entstand das Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Das hat man ja jetzt geschafft und kann diese Institution nun mit der Beseitigung der Altlasten aus den KKWs unter der Flagge der Forschung beschäftigen. Daneben sollen etwa zwanzig Universitäten den Status „Exzellenz“ erhalten, was jeder Universität im Jahr etwa 20 Millionen € vom Bund einbringen soll. Wie irrsinnig dieses Unternehmen ist, sieht man schon daran, dass sich über 100 deutsche Institutionen um das Geld mit immens hohem Aufwand bewerben. Dabei sind 20 Millionen für Forschung im internationalen Vergleich nicht mal ein „Nasenwasser“, wie der Schwabe so schön sagt.

Das zeigt aber exemplarisch wie verzweifelt inzwischen die Hochschulen nach Geld suchen müssen. Für Fremdmittel machen die meisten Institute an den Hochschulen fast alles, weil sie weder die Gelder für Personal und Geräte aus dem Landesetat bekommen, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben eigentlich benötigen wurden. Nicht nur die Schulgebäude sondern auch die Hochschulgebäude sind häufig heruntergekommen. Wer’s nicht glaubt mache einmal einen Ausflug an die Universität Stuttgart. Durch Schmierereien an den Wänden wird er zur Bibliothek geleitet, in der auf versifftem Teppichboden einige Regale mit wenigen, total veralteten Büchern stehen. Anschließend kann ein Besuch im Institut für Elektrische Maschinen dem Besucher klar machen, wie wichtig die Entwicklung dieser Schlüsseltechnologie dem Land ist. Einige Gebäude sind sogar soweit heruntergekommen, dass sich Ratten am Tag aus den Toiletten auf die düsteren Gänge trauen.

Politiker und Landtagsabgeordnete sieht man in diesen Altbauten nicht. Der Presse zeigt man sich im universitären Bereich nur, wenn gerade ein kleines neues Institut eingeweiht wird. Es ist eben einfacher ein bischen zu gestalten als das erreichte Niveau zu erhalten.

Bei den anstehenden Landtagswahlen läßt keine Partei erkennen, dass sie das Problem der maroden Hochschulinfrastruktur erkannt hat und dagegen auch etwas zu tun gedenkt. Das Geld, das man für die Hochschulen gebraucht hätte wurde lieber bei der LBBW verjubelt. Damit das in Zukunft auch so bleibt hat sich Herr Mappus jetzt die Altlasten der EnBW unter den Nagel gerissen. Vielleicht solte er mal mit Frau Schavan sprechen, ob sie nicht die Entsorgung ähnlich wie beim Kernfoschungszentrum Karlsruhe übernehmen könnte damit genug Geld für Stuttgart 21 in der Landeskasse bleibt.

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2 Antworten zu Hochschulpolitik in Baden-Württemberg – die Ratten entern das sinkende Schiff!

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