US Wirtschafts-Imperialismus: Beispiel Mobilfunk

„Die Amerikaner sind komisch“ sagte ein italienischer Kollege in den neunziger Jahren als er von einer Reise in die USA zurück kam. Die Antwort auf die WARUM-Frage war „die telefonieren ja nicht“! Tatsächlich konnte man damals auf den Straßen kaum Italiener sehen, die kein Telefonino am Ohr hatten. Während in Europe sich der Mobilfunk mit dem 1992 eingeführten GSM Mobilfunkstandard ausbreitete, war mobiles Telefonieren in USA noch Luxus und auf wenige Ballungsgebiete beschränkt. GSM war von den damals noch verstaatlichten nationalen Telefongesellschaften in Europa entwickelt worden. Die USA setzte auf die Privatwirtschaft und seine Konzerne, die aber anders als z.B. Microsoft nicht in der Lage waren, ihre proprietäre Technologie weltweit durchzusetzen. GSM ist eines der wenigen Beispiele, wo europäische Zusammenarbeit gegen die US Konzerne einen Sieg davon tragen konnte.

Die USA liefen nun Gefahr, ein weltweites Milliardengeschäft zu verpassen. In bewährter US Manier wurden deshalb zunächst die Europäer dazu gedrängt, ihre staatlichen Telefongesellschaften zu privatisieren und sie damit für amerikanisches Kapital zu öffnen. Europäischen Gesellschaften wurde erlaubt, Tochtergesellschaften in USA zu gründen. Dies diente hauptsächlich dem Technologie-Transfer u.a. baute die Telekom 2001 ein GSM Netz auf. Der Ausbau dieser Netze, die den amerikanischen Netzen weit überlegen waren, wurde mit allen möglichen Mitteln behindert. Ich erinnere mich noch an die Verblüffung höherer IBM Manager als ich ihnen 2001 in New York Internetanwendungen mit dem Mobiltelefon (von Nokia) und dem GSM Netz der Telekom zeigte. Die wussten damals noch nicht, dass es sowas in USA überhaupt schon gibt. Die herausragende Technologie Basis nutzte der Telekom in USA wenig. Die US Behörden vergaben an die Europäer einfach zu wenig  Frequenzen. Damit wurde das Geschäft nicht richtig profitabel. (Dies ist auch heute noch so und einer der Gründe, warum Vodafone seine Beteiligung an Verizon Wireless verkauft. )

Nachdem die USA die Bedeutung des Mobilfunknetzes erkannt hatten, wurde in USA am Aufbau einer eigenen industriellen Infrastruktur sowohl bei Hardware und Software gearbeitet, während die Europäer sich hauptsächlich um die Hardware kümmerten (Zitat Nokia Manager: „Unsere Hardware ist so überlegen da kommt Software von alleine!)

Durch die Abschottung des eigenen Marktes gegen die Konkurrenz und rasche Reaktion auf neue Technologien sind die USA inzwischen im Mobilfunk führend. Den Europäern ist die Vernachlässigung der Software und der Systemstrukturen zum Verhängnis geworden. Es besteht auch keine Aussicht, dass sich das in naher Zukunft ändert. Die US Firmen schöpfen inzwischen einen Großteil des weltweiten Gewinns im Mobilfunk ab. Den europäischen Mobilfunkbetreibern bleiben nur die Brosamen und die Arbeit übrig.

Im Zuge des US Programms zum Wiederaufbau der Realindustrie in den USA wendet man diese erfolgreiche Technik auch z.B. bei Automobilen an. Unsere Automobilfirmen sind nur allzu willig, ihre Technologie nach USA zu exportieren. Dort winkt billiges Geld für Investitionen (frisch aus der USA Notenpresse), niedrige Löhne (durch niedrige Sozialstandards und billige Energie) und ein kleiner Anteil am US Markt.

Alles was die USA jetzt noch braucht ist ein Freihandelsabkommen damit die in USA hergestellten Hardware- und Softwareprodukte ohne Schranken und Zölle nach Europa geliefert werden können. Dabei geht es den USA hauptsächlich um immatrielle Waren wie Marken- und Musikrechte, Software und IT Services, deren Bedeutung die europäischen Politiker noch nicht verstanden haben. Apple, Google und Co zeigen eindrucksvoll wie man weltweit auch ohne Fabriken Geld verdienen kann.

Die Abschottung des internen US Marktes mit allerlei Tricks geht einher mit massiven Investitionen in die Infrastrukturen im Ausland. Ein schönes Beispiel war der Aufkauf/Leasing kommunaler Versorgungsbetriebe in Deutschland durch US Firmen. US Firmen investieren aber auch in Infrastruktur aufstrebender Länder (Privatisierung von Wasser, Strom, Straßen, Mobilfunk usw). Die FED druckt dafür beliebig viel Geld, für das die Investoren minimale Zinsen bezahlen müssen. Dieses Geschäft funktioniert solange wie der Dollar als Zahlungmittel weltweit akzeptiert wird und die Investoren sicher sind, dass sie das geliehene Geld nie zurückzahlen müssen.  Geht etwas schief geht man einfach Pleite. Das geringe Eigenkapital, das Banken und Fonds aufbringen müssen, hat man ja schon beim Start der Projekte über Gebühren abgedeckt. Spätenstens mir der ersten auf Pump finanzierten Zinszahlung für die Kredite ist man schon in der Gewinnzone. Lehman Brothers läßt grüßen.

Nachtrag 7.11.2017: T-Mobile USA hat versucht durch eine Übernahme von SPRINT an die für weitere Expansion notwendigen Frequenzen speziell für die neue 5G Technologie zu kommen. Die US Kartellbehörde hat das aber verhindert indem kolportiert wurde, daß eine Fusion unter der Führung von T-Mobile wahrscheinlich nicht genehmigt wird. T-Mobile wollte aber nicht Junior Partner von SPRINT werden, die in der Vergangenheit schlecht gewirtschaftet hat. Der Deal ist jetzt geplatzt und T-Mobile USA kann damit den zwei US Platzhirschen, AT&T und Verizon,  nicht gefährlich werden.

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Eine Antwort zu US Wirtschafts-Imperialismus: Beispiel Mobilfunk

  1. roseny schreibt:

    Es gibt nicht viele, die es in dieser Deutlichkeit listen.

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