
Eine gängige kapitalistische Lehrmeinung besagt, dass durch immer größere Freihandelszonen und Großstaaten der Wohlstand für alle vermehrt werden kann. Dabei gibt es genügend Beispiele auf der Welt, die zeigen daß diese Grundregel richtig ist oder auch nicht. China ist im Moment wohl das beste Beispiel dafür, daß sich die Armut in einem Großstaat mit einer autoritären Regierung verringern läßt. Das Hauptziel der chinesischen Politiker ist und war die Bekämpfung der Armut. Die Erfolge, die sich z.B. die UN bei der weltweiten Bekämpfung der Armut ans Revers heftet, sind im wesentlichen in China ohne Zutun der UN erzielt worden. In China wird auch die Regel bestätigt, dass man Reiche braucht, wenn man die Armut bekämpfen will. Diese Regel haben offensichtlich die Kommunisten weltweit nicht beachtet und sind mit ihrem Wirtschafts- und Sozialmodell gescheitert. Rußland und die USA zeigen aber auch, daß man durch die Schaffung einer superreichen Oligarchie das Leben der Armen nicht unbedingt verbessert. Der weltweite Wettbewerb spielt sich vorwiegend am unteren Ende der Gesellschaft ab. Wer gängige Güter nicht preisgünstig produzieren kann, z.B. aus Mangel an Kapital für notwendige Investitionen oder zu hoher Lohnkosten, wird durch Freihandel nicht reicher sondern ärmer.
Armut ist relativ – schon Karl Marx hat verkündet, daß Armut und Reichtum sehr stark von der Umgebung abhängen, in der man lebt. Weltweit gilt aber wohl, daß die Menschen dann zufrieden sind, wenn es ihnen besser geht als ihren Nachbarn. Durch die Globalisierung haben wir aber plötzlich sehr viele Nachbarn. Im globalen Dorf sind auch die Fabrikarbeiter in China und die Bauern in Afrika zu Nachbarn geworden. Die Nachbarn in Syrien kommen sogar auf Besuch zu uns. Wir sollten uns deshalb genau anschauen wie Armut und Reichtum weltweit aussehen und wie unsere deutsche Gesellschaft davon beeinflußt wird.
Entgegen der landläufigen Meinung werden die „deutschen“ Werte nicht entscheidend durch das muslimische, sondern durch das anglo-amerikanische Weltbild bedroht. Gegen das muslimische Weltbild baut sich in der Bevölkerung und als Folge in der Politik genügend Gegenwind auf. Für die meisten Deutschen ist in Leben in Armut und unter der Knute von religiösen Führern keine attraktive Option. Das Anglo-Amerikanische, kapitalistische Weltbild findet dagegen weite Akzeptanz speziell bei der Jugend. Dieses Weltbild wird geprägt durch die Calvinistische Lehre, dass jeder Mensch seines eigenen Glückes Schmied ist. Wohlstand ist ein Zeichen, dass Gott dem Menschen wohlgesinnt ist. Da Eigentum verpflichtet muss man den Armen Almosen geben – maximal 10 %. Dieses Element findet man bei fast allen Religionen. Das beste Beispiel für diese Haltung sind die Stiftungen der amerikanischen Superreichen, die zwar Geld für gemeinnützige Zwecke ausgeben aber alleine bestimmen wer diese Almosen empfängt. Einen Rechtsanspruch auf Almosen hat aber niemand. Das meiste Geld geben die amerikanischen Superreichen nicht für milde Taten sondern für massive Beeinflussung der Bevölkerung und der Politiker aus. Hillary Clinton wird etwa 2.5 Milliarden Spenden für ihren Wahlkampf 2016 einsammeln zusätzlich zu den Geldern die ihrer Stiftung von Interessenten aus der ganzen Welt zufließen.
Der Gegenentwurf aus Europa ist der Kommunismus, bei dem gemäß der reinen Lehre alle Bürger gleich sind und auch gleichmäßig am Volkseinkommen beteiligt werden. Das hat erwiesenermaßen nicht funktioniert aber häufig zu Revolutionen geführt, bei denen die reichen Kapitalisten um Geld und Kragen gebracht wurden. Deshalb verfolgen die meisten Staaten ein Modell der „sozialen Marktwirtschaft“ bei denen der Staat einen gewissen Teil des Volkseinkommens per Gesetz an die Armen verteilt. Den Löwenanteil muss dabei meist der abhängig arbeitende Mittelstand und nicht die Schicht der Reichen tragen.
Armut wird typisch bezogen auf das mittlere Einkommen der Bürger. Wirklich arm sind aber die Teile der Bevölkerung, die weder eine einfache Wohnung noch ihre tägliche Nahrung bezahlen können. In USA leben etwa 7% der Bürger in der Hungerzone. Einen Einblick in die Armut in USA geben die Kommentare zum Artikel Living on 2$ a day. Dabei gibt es auch in USA diverse staatliche Unterstützungen, die in Summe etwa den deutschen Zahlungen an Hartz 4 Bezieher entsprechen. In vielen Gegenden der USA kann man damit aber nicht einmal die Miete bezahlen. Auch in vielen Staaten der EU findet man ähnliche Verhältnisse (Beispiel Irland: Impressions of Poverty )
In Deutschland gibt es keine verlässlichen Zahlen wie viele von den 11 Millionen Bürgern, die unterhalb der offiziellen Armutsgrenze, mit dem täglichen Hunger leben. Schätzungen gehen allein von etwa 500 000 betroffenen Kindern aus. Der Anteil der wirklich Armen ist in Deutschland aber wesentlich geringer als in USA oder England.
Als Folge der Regelungen in der globalen Wirtschaft wird Deutschland auch das Niveau der sozialen Fürsorge erniedrigen müssen um im globalen Wettbewerb mithalten zu können. Jedoch sollten die Bürger die Zeichen des Übergangs zum angelsächsischen „Sozialsystem“ kritisch beobachten.
Spaltung in Arm und Reich
- Entmischung der Wohngebiete – es entstehen „Gated Communities“ und „Slums“. (Siehe Vorschlag für Aufbau moderner Slums in GB.) Viele Bürger können sich eine Wohnung in der Nähe ihres Arbeitsplatzes nicht mehr leisten. Es entwickeln sich Zonen für Bürger mit ähnlichem Sozial- oderMigrationshintergrund. In Deutschland entstehen jetz auch Ghettos für wohlhabende Alte in den Städten oder wie in USA auf dem Land.
- Entmischung armer und reicher Kinder durch Niedergang der öffentlichen Schulen und Kindergärten – Zunahme der Privatschulen (die Lobby der Reichen hat es geschafft, dass z.B. Baden-Württemberg einen Zuschuss von 80% der Kosten eines Schülers einer staatlichen Schule gibt). So fördert man Desintegration mit staatlichen Geldern.
- Entwicklung von Beschäftigungsklassen (Beamter, Festangestellter, Zeit-/Teilzeitarbeiter, Schwarzarbeiter, Saisonarbeiter aus armen EU Staaten
- Verwahrlosung des öffentlichen Raumes – Straßen, Infrastruktur, Öffentlicher Nahverkehr, Sicherheit
- Erniedrigung der Standards bei öffentlicher Gesundheits- und Altersvorsorge. Reiche beteiligen sich nicht an den staatlichen Gesundheits- und Rentenprogrammen.
- Politische Entscheidungen werden nicht mehr vom gewählten Parlament, sondern von mächtigen Lobbygruppen im In- und Ausland getroffen. Allenfalls darf das Parlament noch zustimmen. Das sieht man deutlich an den WTO und TTIP Verträgen sowie an den bilateralen Verträgen mit China.
Primat des Kapitals
- Die Kapitalbesitzer und deren Verwalter entziehen sich der Kontrolle der Staaten.
- Routinetätigkeiten von Menschen werden durch Einsatz von Kapital automatisiert. Der Wert von Arbeit sinkt für einen Großteil der Bevölkerung.
- Gewinne, die z.B. in einem Land anfallen werden nicht unbedingt wieder in dem Land angelegt, wo die Gewinne gemacht werden. Die Expansion der deutschen Industrie erfolgte im letzten Jahrzehnt vorwiegend im Ausland.
- Entwertung des „kleinen“ Kapitals (Ersparnisse der Bürger) durch niedrige Zinsen und exzessive Erhöhung des Geldvolumens durch die Zentralbank.
In 10 Jahren wird wohl Deutschland als Musterbeispiel dafür dienen können, wie eine Volkswirtschaft seinen Reichtum exportiert, die Armut importiert und damit die Anpassung an das global niedrigere Niveau erfolgreich meistert. Falls Frau Merkel dann noch Bundeskanzlerin ist kann sie mit Stolz sagen „Wir waren eine reiche Nation“.
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