Die Manager der deutschen Automobilfirmen führen einen ziemlich sinnlosen Kampf um die höchste Rendite. Dabei wissen bereits Junior-BWLer, daß man die Rendite ziemlich einfach steigern und dabei eine Firma auch ruinieren kann. Eine bewährte Methode in der Automobilindustrie ist es, immer mehr Investitionen und Wertschöpfung zu den Zulieferbetrieben zu verschieben und die Preise der zugelieferten Baugruppen und Teile zu drücken. VW hat zu diesem Zweck 1993 den Spanier Ignazio Lopez von General Motors mit zwielichtigen Methoden abgeworben. Zunächst lief das ganz gut, die Preise der Zulieferer wurden kräftig gedrückt – Herr Lopez wußte ja was, wer, wem, wo lieferte und welche Preise die Konkurrenten bezahlten. Dafür bekamen die Top-Manager der Zulieferer wie in USA üblich schöne Plaketten „Top Supplier of the Year“ für den Schreibtisch und wurden mit Damen zu einem Recognition Event in Nobelhotels eingeladen. Die Damen bekamen zuätzlich noch wertvollen Schmuck. Kein Wunder daß die Damen ihren angetrauten Managern viel Druck machten, damit sie auch im nächste Jahr dabei sein durften.
Übliche Preisdrückermethoden der Automobilhersteller sind dabei z.B. Kostenreduktion für Abnahmegarantien von großen Stückzahlen komplexer Bauteile, die Zulieferer zu hohen Investitionen und Verlagerung der Arbeit in Niedriglohnländer zwingen, Drohungen bei anderen Zulieferern einzukaufen, Direktlieferung an das Montageband, Abschläge für Qualitätsmängel usw. Die alte Regel, daß man für jedes Zulieferteil zwei Lieferanten haben muss, wurde schon längst für einen höheren Profit aufgegeben.
Überspannt man den Bogen verlieren die Zulieferer natürlich die Lust und würden gerne aus den Verträgen aussteigen, was in der Regel den Bankrott ihrer Firma und die Entlassung der Manager und der Angestellten bedeuten würde. VW konnte sich bisher darauf verlassen, daß die Zulieferer diese Hemmschwelle nicht überschreiten.
Da die VW Manager ziemliche Scheuklappen haben (siehe Abgasskandal) haben sie aber eine Entwicklung in der US Finanzindustrie übersehen oder falsch bewertet.
Erkennt das Management eines Zulieferbetriebes, daß die Firma kaum noch Gewinn erwirtschaften kann und ihnen die Banken den Kredithahn zudrehen müssen (BASEL III), verkaufen sie das Unternehmen an US Finanzhaie oder nehmen hohe Anleihen auf. Dabei fließt häufig Schmiergeld. Die Finanzhaie leihen sich dafür aus dem „schwarzen“ , unregulierten Finanzsegment Geld und geben dem Zulieferer einen hohen Kredit. Die regulären Banken können durch die strenge EU Regulierung keine Kredite mehr geben. Damit hat man ein ideales Betätigungfeld für Finanzhaie geschaffen. Diese wissen genau, daß die faulen Kredite platzen werden, da sie das Geld aber nur geliehen haben, tut das nicht weh, wenn man gleichzeitig eine Kreditausfalleversicherung abschließt. Das hat beim Immobiliencrash in USA funktioniert und wird in Europa ähnlich gut funktionieren.
Man kann sich auf dem Derivate Markt für wenig Geld eine Kreditausfallversicherung kaufen (Siehe 2011: Das Kartenhaus Kreditausfallversicherung (CDS) wackelt in der Euro Krise). Neuerdings verkaufen deutsche Banken solche windigen CDS auch an Otto Normalverbraucher! Nun kann die Zulieferfirma ruhig Pleite gehen. Die Finanzhaie verlieren kein eigenes Geld und haben über Vermittlungsgebühren, Gutachten, Verträge usw einen größeren Teil des Fremdgeldes in ihren Besitz gebracht. Eine Drohung von VW, keine Geschäfte mehr mit dem Zulieferer machen zu wollen, wirkt nicht. Die Finanzhaie nehmen keine Rücksicht auf das Vermögen der Zulieferfirma und die Angestellten. Da die Finanzverträge meist mit amerikanischem Recht in New York abgeschlossen werden, haben die nationalen Aufsichtsbehörden keine Chance regulierend einzugreifen. New York ist für den Vertragsabschluss besonders beliebt, da dort Verträge auch gültig sind wenn sie in betrügerischer Absicht geschlossen werden (Beispiel die Cross Border Leasingverträge der deutschen Kommunen).
Geht die Zulieferfirma Pleite, können die Finanzhaie sie billig aufkaufen, die Patente und Maschinen der Zulieferfirmen verscherbeln oder die Firma billig aufkaufen und neue Lieferverträge zu besseren Konditionen abschließen. Da VW die Teile dringend braucht, hat man da wohl wenig Spielraum.
Hört man sich an den Bars in den besseren Hotels der EU Länder im Osten um, so findet man ganze Rudel von Finanzhaien, die mit den lokalen Managern der Automobilzulieferer solche dubiose Geschäfte abschließen wollen. Dabei ist VW ein beliebtes Ziel der Attacken der Finanzhaie, da VW zur Zeit keine flüssigen Mittel hat um solche Angriffe abzuwehren. Vielleicht sollten sich die Top Manager von VW bei der Deutschen Bank erkundigen wie man eine deutsche Weltfirma ruinieren kann, wenn man sich von den Finanzhaien auf den Pfad der Untugend führen läßt. Da die Finanzindustrie immer mehr reguliert wird, kann man das große Geld heute nur noch über einen Umweg in der Realindustrie machen.
PS Wer etwas über die neuesten Tricks der Finanzhaie erfahren möchte sollte im Sommer die teuren Bars (meist wird das Budget nur für einen Drink reichen) und Restaurants an der Cote d’Azur besuchen und die Ohren offen halten. Die Finanzhaie jeglicher Couleur prahlen da bei ihren Incentivereisen ungeniert, wie sie die Deals eingefädelt und ihre Gegenspieler sowie ihre Klienten reingelegt haben. Offensichtlich glauben sie wie alle Amerikaner, daß auch die Europäer nur ihre Landessprache beherrschen. Natürlich bleibt unerwähnt, daß der eine oder andere Deal schiefgegangen ist. Das ist in diesen Kreisen aber kein Makel sondern ein Befähigungsnachweis.
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