
Zur Zeit wird auf allen medialen Kanälen über Pflege diskutiert nachdem bisher in den Medien vorwiegend über die 3. Lebenshälfte (eine Erfindung der in Mathematik schwachen Mädels der Brigitte Redaktion) berichtet wurde. In der 3. Lebenshäfte werden Rentner gezeigt, die sportlich aktiv sind, in die schönsten Ferienregionen reisen und dort glücklich mit ihren zweiten Hüften, Kniegelenken und den dritten Zähnen am Strand bevorzugt Golf spielen oder bei Sonnenuntergang spazieren gehen.
Über die vierte Lebenshälfte mit Pflegegrad 3 und höher wird selbst in kritischen Sendungen nicht berichtet. Allenfalls werden in vorbildlichen Heimen mit lustigen Rentnern an weiß gedeckten Tischen einige Pflegefälle von hübschen Krankenpflegerinnen über die Gänge geschoben oder von jungen, kräftigen Pflegern liebevoll umgebettet.
Selbst Rentner in fortgeschrittenen Alter wissen meist nicht was sie in der 4. Lebenshälfte etwa ab einem Alter von 80 Jahren erwartet. Mit Pflegegrad > 2 sind Patienten in der Regel multimorbid. Hier treten Herz- und Nierenschwäche, schwere Behinderung bei Muskeln und dem gesamten Bewegungsapparat, Knochenbrüche, Seh- und Sprachstörungen, Inkontinenz sowie schwere Demenz in vielfältigen Kombinationen auf. Typisch sollten sich ein Hausarzt und mehrere spezialisierte Ärzte wöchentlich und ärztliche Pflegekräfte täglich um die Bewohner der Pflegeheime, in Deutschland etwa 800 000, kümmern. Häusliche Pflege ist bei diesen Patienten in der Regel auch aus Mangel an Ärzten und Fachkräften nicht mehr möglich. Man braucht in der vierten Lebenshälfte effiziente Pflegeheime, die natürlich nicht billig sein können.
Nun gibt es viele Ratgeber, wie Angehörige ein Alters- oder Pflegeheim auswählen sollten (mit die naivsten Ratgeber kommen vom Bund und den Ländern). Meist haben die Angehörigen gar keine Wahl – sie müssen froh sein wenn sie überhaupt einen Pflegeplatz finden, da die Heime ja möglichst mit 100% Auslastung arbeiten müssen. Exakte Leistungen des Heims, die im Heimvertrag definiert werden, findet man selten. Hier ein Beispiel eines vorbildlichen Heimvertrags eines Pflegeheimes der Caritas in Baden-Württemberg, das Menschen mit Pflegegrad 2 bis 5 und auch Palliativ-Versorgung anbietet. Diesen Vertrag sollte Rentner und ihre Angehörigen sorgfältig durchlesen, damit sie einen Eindruck bekommen was sie jenseits der 80er Jahre erwartet. Die Kosten für einen Heimplatz und die Beiträge der Pflegekasse wachsen mit dem Pflegegrad. Der Eigenanteil des Heimbewohners ist unabhängig vom Pflegegrad und beträgt im Beispiel-Heim 2464 € pro Monat – zusätzlich muss man mit etwa 200 € für persönliche Zusatzleistungen und Taschengeld rechnen. Das sind typische Werte für Baden-Württemberg und Bayern. Die Preise können je nach Lage und Betreiber auch 500 € höher oder niedriger sein.
Pflegeheime, die nur leichtere Fälle aufnehmen, können günstigere Preise bieten. Einige Heime im Osten der Republik kommen sogar mit Zuzahlungen von 1000 € bis 2000 € aus. Da sind die Immobilien billiger und es werden aber auch extrem niedrige Löhne für die Pflegekräfte bezahlt.
Ein durchschnittlicher Sozialrentner in Deutschland West erhält eine Rente von 1078 € (Ost 1171€ ) und die Rentnerin 606 € (Ost 894 €). Die Rentner im Osten sind entgegen den üblichen Fake News besser gestellt als die Rentner im Westen und können mit ihrer Rente einen Großteil des Eigenanteils im Pflegeheim bezahlen.
Die Rentner im Westen müssen etwa 3000 € Nettorente beziehen, wenn sie den Eigenanteil im Pflegeheim aus ihrer Rente bezahlen wollen. Für ein Ehepaar im Pflegeheim werden dann 6000 € Zuzahlung fällig. Das werden wohl die wenigsten können. Haben die Rentner Vermögen z.B. ein Eigenheim, so muß dieses verkauft und der Erlös zur Bezahlung des Heimes eingesetzt werden. Hat der Heimbewohner Kinder großgezogen und sogar ein Studium finanziert, so werden die gut verdienen Kinder zur Finanzierung des Heimes herangezogen. Ein Alleinstehender der 4000 €/Monat Einkommen hat, muß etwa 1100 zum Unterhalt der Eltern beitragen. So wird im Neuen Deutschland die Mühe der Eltern für ihre Kinder belohnt.
Reiche, die über ein barrierefreies Haus mit einer Einliegerwohnung und WLAN Internet Anschluss verfügen, können für das Geld einen privaten Pflegedienst im Haus kaufen. Die qualifizierten Pflegekräfte kommen meist aus dem EU Ausland. Wer in einem kleinen Häuschen oder in in einer „armen“ Dreizimmerwohnung lebt hat diese Option nicht!
Wer weder Vermögen noch gut verdienende Kinder hat ist fein raus. In diesem Fall bezahlt das Sozialamt. Merke: „Wer’s Geld versauft vor seinem End, der macht das beste Testament!“
PS Entgegen der landläufigen Meinung, daß Deutschlands Jugend die Pflege der Alten bezahlt, finanzieren Deutschlands Alte mit ihrer Rente und mit ihrem Vermögen die Löhne der jungen Pflegekräfte (oft Führungskräfte mit „Migartionshintergrund“) und der vielen Hilfskräfte (meist mit „Migrationshintergrund“), die sonst keine Arbeit finden würden. Ohne diese Kräfte würde das deutsche System der Krankenhäuser und Pflegeheime zusammenbrechen.
Verglichen mit USA ist die Pflege in Deutschland noch preiswert. In USA kostet ein Pflegeplatz ohne ärztliche Versorgung etwa 80 000 $ und mit ärztlicher Betreuung etwa 120 000 $ im Jahr.
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